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AutorenbildMichaela Schaefer

Das erste Grün sehen – oder wie die Prozesse der ACT mir auf dem Weg in die Praxis begegnet sind.


Kürzlich ging ich den Weg zu meiner Praxis (auf dem schönen Hermannshof) und war ganz und gar in meinen Gedanken gefangen: „Das Wetter ist so unangenehm, wann kommt endlich der Frühling, ich hab keine Lust mehr auf frieren, wann gibt’s endlich wieder Farben in der Natur, im Frühjahr ist der Weg hier viel schöner …“ und so weiter. Ich wette das oder ähnliches kennen einige von Euch. Irgendwann hab ich dann mit zum Glück daran erinnert, dass jeder Moment sich eignet um kurz achtsam zu sein. Da steh ich also und gebe diesem großen Frust in mir Raum und bin zumindest gewillt ihn so anzunehmen wie er ist. Einfach ganz viel frustiger Frust und wie ich also aufhöre gegen den Frust anzukämpfen und ein wenig meine Gedanken beobachte merke ich tatsächlich, dass es auch wieder Raum für anderes gibt. Ich schaue mich ein wenig um und muss fast ein wenig über mich selber lachen. Direkt vor mir finden sich ganz viele kleine grüne Frühjahrsvorboten. Ich zeige Euch mal die Bilder dazu.



Natürlich finde ich das Wetter immer noch ätzend und kann ich mich gleichzeitig auch an den jungen Pflänzchen im Hier und Jetzt erfreuen. Aber dann fragt natürlich die Therapeutin in mir, "was ist da passiert?" — Ich versuche es mal auseinanderzunehmen.


 

1.     Ich mag es nicht kalt, und dieses Kältegefühl will ich am liebsten gar nicht haben, es also so schnell wie möglich wieder los werden. Ich laufe gebückt und zusammengekauert durch die Gegend und gucke wenig links und rechts. Und wenn ich doch gucke, ist mein ganzer Fokus auf Dingen, die mit meinem unangenehmen Gefühl zusammenhängen.

2.     All meine Gedanken kreisten also darum, wie doof das alles gerade ist. Sie haben sich dabei ganz intensiv an der Sehnsucht nach Frühling also in der Zukunft festgebissen.

3.     Fast … aber nur fast, wäre ich mit dieser inneren Haltung so verstrickt gewesen, dass ich die aufsprießende Natur nicht wahrgenommen hätte. Und glaubt mir, es passiert auch oft genug, dass ich diesen Absprung nicht schaffe. Dieses Mal aber habe ich einen achtsamen Moment gehabt.

4.     Für einen kleinen Augenblick erwache ich also aus meiner Negativspirale und verbinde mich mit dem Moment im Hier und Jetzt.

5.     Ich erfühle einmal, wie sich meine unangenehmen Gefühle so anfühlen.

6.     Ich bemerke einmal aus der Beobachterperspektive, was da in meinem Kopf für Gedanke und Bilder laufen.

7.     Mir wird dadurch nicht wärmen, das Wetter nicht besser und die Natur verändert sich auch nicht und trotzdem bin ich plötzlich frei genug, das zu sehen was da ist… eben nicht nur grau und etwas von dem auf das ist warte ist auch schon zu sehen

8.     Dann nehmen ich mir die Zeit, trotz Kälte und mache ein paar Fotos. Meine Laune steigt sogar soweit, dass ich danach in der Praxis noch ein paar Spaßfotos gemach habe.



 

Was soll ich sagen, dann bemerke ich natürlich auch noch, dass das Prozesse sind, die auch in der Therapie wichtig sind und häufig bearbeitet werden. Manchen meiner Klienten würde, die Wortwahl wie ich meinen Weg zur Praxis beschreibe bekannt vorkommen.


Und ja, das ist nicht immer so einfach und kann auch schon mal ein mühevoller Weg sein. Dann ist es schön, wenn dies im Rahmen von Therapie von einem einfühlsamen Menschen begleitet wird. Oft geht es da um deutlich stärkere Verstrickungen mit gravierenderen äußeren Begleiterscheinungen. Aber auch der längste Weg fängt mit dem ersten Schritt an.


Die Acceptance und Commitment Therapie (ACT) beschäftigt sich genau mit diesen Prozessen.


Im Moment sein – Sich selbst im Moment beobachtend wahrnehmen – Gefühle annehmen – aus dem Griff der Gedanken lösen – sich mit den eigenen Werten verbinden und schlussendlich engagiertes Handel in Richtung der Werte ermöglichen.


Ein sehr bereichernder Ansatz und ich finde es lohnt sich sehr, sich in der Therapie damit zu befassen. Es ist aber auch schön zu sehen, dass das Konzept auch im Alltag, sowohl in scheinbar banalen Momenten als auch in echten Stresssituationen hilfreich und nützlich ist.


 

Wie ist das bei Euch? Kennt Ihr solche Momente?


 

Das war’s für heute. Ich wünsche Euch, dass es Euch auch hier und da (natürlich am liebsten ganz oft) gelingt im Moment zu sein, mit allem was er gerade so für Euch bereit hält.


Bis zum nächsten Mal


Eure Michaela


 


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